Ich würde gern ein paar Sätze zum Thema Einschlafen beim Kuscheln sagen.
Viele KlientInnen kommen mit der Angst, beim Kuscheln einzuschlafen. Sie versuchen, alles Mögliche zu tun, um dies zu verhindern. Auch Journalisten interessiert das Thema sehr. „Schlafen Sie denn manchmal beim Kuscheln ein?“ Bisher habe ich immer vehement verneint, denn einschlafen bei der Arbeit, das ist doch unprofessionell!
Angst vorm Einschlafen
Warum gibt es diese Angst vor dem Einschlafen? Hier sind verschiedene Gründe möglich. Einseits hat man allgemein das Gefühl, etwas „falsch“ zu machen, wofür man vielleicht getadelt wird. Das Einschlafen ist ja zum Beispiel in der Schule ein schlimmes Vergehen. Andererseits will man nichts verpassen. KlientInnen befürchten, in diesem komatösen Zustand nichts mehr mitzubekommen, und sozusagen das Geld für nichts ausgegeben zu haben. Es gibt auch die Angst, dass im Schlaf Dinge passieren, die man nicht will. Schlaf bedeutet allgemein, Kontrolle loszulassen, was allgemein sehr angstbesetzt ist.
Einschlafen der Klienten
Nun komme ich zu den Erkenntnissen der letzten Jahre. Erst einmal zu den Kunden. Viele Kunden schlafen bei der zweiten oder dritten Kuschelsession nach 20-30 Minuten ein. Es kommt immer auf den Entspannungsgrad an. Dieses Einschlafen ist aber nicht unbedingt das, was man so von zu Hause, abends im Bett, kennt.
Gehirnwellen
Das Gehirn legt einen Weg durch verschiedene Zustände zurück. Kennt ihr die Stromwellen, mit denen man Gehirnaktivität misst? Es gibt hier verschiedene Phasen, die allmählich von einem bewussten zu einem unbewussten Zustand führen. Wachzustand sind Betawellen. Dann gibt es die Alphawellen, die beim Übergang vom Wach- zum Schlafzustand (und umgekehrt) auftreten. Für sich genommen ist diese Phase sehr interessant, da sie dir beim Erinnern und Lernen hilft, aber auch der Körper sich gut regenierieren kann. Auch der Geist kann sich erholen, wenn man besonders viel Stress hatte. Der Körper beginnt hier ungewollt zu zucken und sich zu entspannen. „Eine wohlige Entspannung sowie eine positive Grundstimmung stehen charakteristisch für diesen Zustand.“ Hier findest du einen Artikel nur zu den Wellen. Dieser Zustand wird auch bei der Hypnose genutzt, da man einen guten Zugang zu verdrängten Gefühlen und Erinnerungen hat. Man hat Zugang zu unbewussten Informationen und ist gleichzeitig noch bewusst, kann diese also kommunizieren, speichern und verarbeiten. Man könnte diesen Zustand als Halbschlaf bezeichnen. Du bekommst hier alles noch gut mit, zum Beispiel die Musik, was gesprochen wird, usw. Du verpasst also nichts vom Kuscheln. Der Beweis: Wenn ich das hypnotische Streicheln anwende, und dann plötzlich damit aufhöre, wacht der Klient meistens auf, weil etwas sich geändert hat.
Dann kommen die Thetawellen, die im Prinzip bei leichtem Schlaf auftreten. Hier hat man keine bewusste Kontrolle mehr über die unbewussten Inhalte, also es kommen Bilder, Träume hoch. Auch bei Meditation ist das Gehirn im Thetawellen-Bereich. Es kann also sein, dass man beim Kuscheln von Alpha zu Theta rutscht und es einem gar nicht so vorkommt, als würde man schlafen, da man im Hintergrund noch die Musik hört. Und doch ist man auch irgendwie „weg“. In dieser Phase fangen Menschen mit Schnarchen an. Wenn ich hier das hypnotische Streicheln anwende und allmählich damit aufhöre, vertieft es noch den Theta-Zustand.
Fällt man in den Tiefschlaf, so ist das Gehirn mit Deltawellen unterwegs. Hier kann man sich an nichts mehr erinnern, es fühlt sich danach an als wäre man im Koma gewesen. Der Körper ist dann völlig reglos, der Atem sehr flach. Dieser Zustand wird beim Kuscheln eigentlich nie erreicht. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, irgendwas zu verpassen oder die Kontrolle zu verlieren.
Heilsame Wirkung von Schlaf
Was ich regelmäßig bei Klienten beobachte sind die zwei Phasen Alpha und Theta. Auch ein Wechsel zwischen den Phasen ist normal. Man könnte diese ganz langweilig als „Einschlafen“ bezeichnen. Mit dem Wissen das ich gerade kurz angerissen habe, passiert hier aber viel mehr Interessantes. Es ist sogar wünschenswert, dass meine Klienten „einschlafen“. Das bedeutet nämlich, dass sie einen tiefen Entspannungszustand erreichen. Ein Zustand, in dem das Unbewusste auftauchen kann. Das ist zum Beispiel hilfreich bei Gefühlen, denn diese sind oft verdrängt und wirken unbewusst im Hintergrund. Beim Kuscheln können sie zutage treten und gefühlt werden, was häufig dazu führt, dass sie weniger „schlimm“ werden. Beispiele für solche Gefühle: Trauer, Einsamkeit, Verzweiflung, Schuld, Scham, Verletzung. Desweiteren können Hilflosigkeit, Ratlosigkeit zum Vorschein kommen, der Klient kann sich wie ein kleines Kind fühlen und in dem Zustand sicher und geborgen bei mir als „Mutti“ ankuscheln. Das bewirkt im Unbewussten enorm viel.
Daneben sind Alpha und Theta Zustände sehr gut für die Regeneration des Körpers, also für unsere Gesundheit. Ich als Kuschlerin suggeriere dem Körper des Klienten, dass alles gut wird, dass er gehalten und in Sicherheit ist. Damit kann die Stressproduktion herunterfahren und das Immunsystem kann hochfahren. Zellen werden repariert und erneuert. Krankheiten werden bekämpft, Verletzungen repariert.
Einschlafen der Kuschlerin
Nun zu mir selbst: Mit der Zeit habe ich gelernt, mein Gehirn durch die verschiedenen Phasen hindurch bewusst zu steuern. Beim Kuscheln gehe ich gern in den Alpha-Zustand. Warum? Weil die Gehirnwellen von Menschen, die sich im gleichen Raum befinden, sich gegenseitig beeinflussen. Wenn ich mich also enstpanne und in einen Halbschlaf gehe, folgt mir der Klient häufig und entspannt sich genauso. Warum weiss ich das? Weil es umgekehrt schon sehr häufig passiert ist. Ich habe eine große Entspannung und Zucken beim Klienten bemerkt und bald darauf fühlte ich mich selbst in den Schlaf gleiten. Es funktioniert also in beide Richtungen, wenn beide dafür bereit und in der Stimmung sind. Ich muss natürlich aufpassen, dass ich nicht in die Theta-Wellen reinrutsche, denn dort ist es schwieriger die Kontrolle zu behalten und nicht ganz einzuschlafen. Ich behalte also die Aufmerksamkeit für die Gesamtsituation. Denn immerhin bin ich jederzeit für das Wohlbefinden meiner Klienten zuständig. Sobald ich Anzeichen von Unwohlsein oder Aktivität bemerke, bin ich sofort wieder im Beta-Zustand.
Auf die einfache Frage „Was, wenn ich einschlafe?“ gibt es also keine einfache Antwort. Und wenn ich eine formulieren müsste, würde ich sagen: „Glückwunsch! Genieße es. ;)“
Danke🙏Elisa.